Der Steirische Orientierungslaufverband feiert in diesem Jahr seinen 50. Geburtstag. Aus diesem Anlass werden die während der letzten 50 Jahren fungierenden STOLV-Präsidenten die Geschichte des Orientierungslaufs in der Steiermark aus ihrer Sicht Revue passieren lassen.
Den Auftakt macht Franz Trampusch, erster STOLV-Präsident von 1970 bis 1976, mit einer Beschreibung der Anfänge des Orientierungslaufs in der Steiermark und der frühen Jahre zwischen 1962 und 1976.
Franz Trampusch leistete in den Jahren von 1974 bis 1976 und von 1978 bis Ende 1979 auch als Präsident des ÖFOL wertvolle Pionierarbeit. Weiters agierte er durch viele Jahre umsichtig und aktiv als Mitglied der Technischen Kommission in der IOF. Im Jahre 1983 war Franz Trampusch als technischer Delegierter bei den OL-Weltmeisterschaften in Zalaegerszeg in Ungarn im Einsatz und „überwachte“ so den Traumlauf von Hannes Pacher zu Rang 12.
Am 5. Jänner 2020 feierte Franz am Seggauberg bei Leibnitz beim Lauf zum Südost Cup ein OL-Comeback nach vielen Jahren. Sein Kommentar: „Mit diesen präzisen Karten fällt das Orientieren leicht.“
Franz Trampusch bei der WM 1966 in Finnland
Der folgende Text wurde von Franz Trampusch, erster Präsident des STOLV (1970 bis 1976 - seither Ehrenpräsident) zusammengefasst und von Franz Hartinger leicht ergänzt.
Bis zum Jahre 1962 gab es in Österreich bei den alpinen Vereinen und beim Bundesheer den sogenannten „Kompassmarsch“. Mit Kompass und Karte wurden dabei bestimmte Ziele angesteuert. Der sportliche Orientierungslauf wurde schon seit Jahrzehnten in den skandinavischen Ländern und in der Schweiz betrieben.
Am 1.September 1961 wurde der LAC Leibnitz gegründet. Vorerst gab es Leichtathletikwettkämpfe und Geländeläufe. Im Frühjahr des Jahres 1962 schickte die Naturfreundeorganisation den Junglehrer Werner Schubert zu einem Orientierungslaufkurs in die Schweiz.
Der Auftakt erfolgte in der Steiermark
Während der Pfingstfeiertage des Jahres 1962 organisierte die steirische Naturfreundeorganisation in Kapfenberg verschiedene Wettkämpfe und den ersten österreichischen Orientierungslauf als Mannschaftswettbewerb. Bahnleger war Werner Schubert aus Wien. Der LAC-Leibnitz trat ohne Vorkenntnisse zu diesem Orientierungslauf an. Von den Naturfreunden wurde ein Kompass ausgeliehen und sodann wurden auf einer schraffierten schwarz - weiß Karte die fünf markierten Postenstandorte angelaufen (Karte). Es siegte die Mannschaft des LAC Leibnitz mit Franz Trampusch.
Franz Trampusch gewinnt die Meisterschaftspremiere in Salzburg – Staatsmeister Nr. 1
Zu Pfingsten des Jahres 1963 fanden in Salzburg die „ASKÖ-Bundessportfeste“ statt. Der LAC fuhr mit einer Leichtathletikmannschaft zu diesem Treffen. Dort waren auch die ersten österreichischen Staatsmeisterschaften im Orientierungslauf ausgeschrieben. Franz Trampusch gewann die Staatsmeisterschaft mit 47 Minuten Vorsprung (Karte).
Im Mai 1964 fand in der Bundeslehranstalt für Leibesübungen in Wien der erste Lehrwartekurs für Orientierungslauf statt. Aus der Steiermark nahm Franz Trampusch teil.
Am 24.5.1964 gab es einen Orientierungslauf in der Nähe von Weiz.
Im Juli 1964 fanden die 2. OL Staatsmeisterschaften am Falkenberg bei Klagenfurt statt. Franz Trampusch führte in der Eliteklasse bis kurz vor dem Ziel mit großem Vorsprung. Er erlitt während des Laufes einen Bänderriss im linken Sprunggelenk und schleppte sich mühsam ins Ziel und erreichte trotzdem den 4.Platz. (Karte)
Steirische Orientierungsläufer und -läuferinnen waren im Jahr 1964 noch bei anderen Orientierungsläufen in Wien, im Burgenland und in Oberösterreich vertreten. International nahm Franz Trampusch an Orientierungsläufen in Kassel und Leipzig, sowie in Aarau in der Schweiz teil.
Europameisterschaft in der Schweiz - Franz Trampusch war dabei
Die 2. OL-Europameisterschaften fanden ab dem 26.9.1964 in Le Brassus in der Schweiz statt. Österreich war mit einer ganzen Mannschaft vertreten, Auch hier konnte Franz Trampusch den besten Rang aller Österreicher erzielen. (Karte, Foto)
Im Jahr 1965 gab es schon sehr viele Orientierungsläufe in Österreich, u.a. internationale Läufe in Wien, in Schielleiten, im Burgenland und in der Steiermark. Die österreichischen OL-Meisterschaften wurden 1965 im Kaiserwald bei Graz ausgetragen. Bahnleger war Franz Trampusch. Staatsmeisterin wurde Walburga Wagner vom LAC Leibnitz.
Die LAC Orientierungsläufer traten auch bei Wettkämpfen in Compiegne bei Paris und in Geradmer in den Vogesen, sowie bei Läufen in der CSSR und in Ungarn auf.
Am 17.10.1965 fanden die Steirischen OL-Meisterschaften im Kaiserwald bei Graz statt. Franz Trampusch gewann in einer Zeit von 1,16:35 vor Gerhard Stiendl ebenfalls vom LAC in 2:16:35 Stunden.
Am 30.10.1965 wurde bei Wien der erste Nacht-OL durchgeführt. Sieger war wieder einmal Franz Trampusch vom LAC Leibnitz.
Franz Trampusch nahm auch am Kongress des Internationalen Orientierungslaufverbandes (IOF) im Juni 1965 in Kamtschia bei Nessebar in Bulgarien teil.
1966 ÖFOL-Gründung – Franz Trampusch im Präsidium
Am 19.4.1966 wurde der ÖFOL – der Österreichische Fachverband für Orientierungslauf – in Wien gegründet. Erster Präsident wurde Franz Petrzelka von den Naturfreunden Wien. Aus der Steiermark war Franz Trampusch im Präsidium von Anfang an vertreten. Aus der Steiermark waren die OL - Vereine LAC Leibnitz, HSV Graz, TVN Kindberg und TVN Knittelfeld bei der Gründung des ÖFOL dabei.
1966 wurde durch 4 Ranglistenläufe die Teilnahme an den OL-Weltmeisterschaften entschieden, Franz Trampusch führte diese Liste mit 300 Punkten an. Am 15.9.1966 fand dann die OL-Weltmeisterschaft in Fiskars in Finnland statt (Karte).
Pionier(e) und Talente-Sucher
Bei der Geländelaufserie des LAC Leibnitz im Frühjahr 1966 wurde der Schüler Franz Hartinger als großes Lauftalent entdeckt. Auch seine Geschwister Sepp, Marianne und Hans machten mit viel Erfolg mit. Sepp und Franz Hartinger waren ab diesem Zeitpunkt auch im OL-Geschehen als Organisatoren und Mitarbeiter tätig.
Bei Graz, Wien, Klagenfurt, Knittelfeld, im Kaiserwald, bei Fehring und im Karwald bei Leibnitz fanden 1966 viele Orientierungsläufe statt. Auch im Ausland waren steirische Orientierungsläufer bei Budapest, Bratislava, Pezinok und am Balaton unterwegs.
Die österreichischen Staatsmeisterschaften wurden am 7.10.1966 bei Kirchschlag in der Nähe von Linz ausgetragen. Staatsmeister wurde wieder Franz Trampusch; Gerhard Stiendl (beide Leibnitzer AC) erreichte den 6. Platz (Ergebnisse, Karte).
In der Schweiz gewann Franz Trampusch im Jahr 1966 einen internationalen Bahnleger-Wettbewerb.
Im Juli 1967 fand in Kaprun der Kongress des Internationalen OL Verbandes (IOF) statt. Bei diesem Kongress wurden auch neue internationale Wettkampf- und OL-Kartennormen beschlossen.
Bei der ÖFOL Hauptversammlung wurde Franz Trampusch zum Vizepräsidenten gewählt.
Die OL-Staatsmeisterschaften 1967 wurden durch 7 Einzelläufe entschieden. Staatsmeister 1967 wurde Franz Trampusch vom LAC mit 361,9 Punkten. Bei den österreichischen Mannschaftsmeisterschaften in Wien erreichten die Läufer Franz Trampusch, Ernst Bacher und Peter Stiendl den 2. Platz bei den Herren. In der Damenklasse mit Irmgard Baumann, Anni Klementschitz und Burgi Wagner, in der Juniorenklasse mit Johann Nascada und Ewald und Franz Trsavec und in der Jugendklasse mit Franz und Sepp Hartinger wurden jeweils die Klassensieger gestellt.
OL-Karte Kaiserwald - Erste gezeichnete OL-Karte in der Steiermark
Im Juli 1968 zeichnete Franz Trampusch die erste österreichische OL-Karte im Kaiserwald bei Graz (Karte).
Besonders in der Steiermark und im Burgenland gab es im Jahre 1968 sehr viele Orientierungsläufe. Auch bei Marburg gab es mit österreichischer Beteiligung den ersten OL in Slowenien.
Bei den österreichischen Mannschaftsmeisterschaften im Schweinsbachwald siegten in den Klassen Elite (Teamleader: Franz Trampusch), Junioren (Sepp Hartinger) und Jugend (Franz Hartinger) jeweils die Mannschaften des LAC Leibnitz.
Der STOLV – Erster OL-Landesverband
Im April 1969 hatte sich in Graz ein Komitee zur Gründung eines steirischen OL Verbandes (STOLV) gegründet. Diesem Komitee gehörten Franz Trampusch, Klaus Chudoba, Horst Lecaks und Albin Bachlinger an.
Es gab auch 1969 wieder internationale Läufe in Ungarn und in der Slowakei.
Bei den österreichischen Jugend- und Juniorenmeisterschaften 1969 gab es Siege von Franz und Josef (Sepp) Hartinger.
Am 20. Februar 1970 wurde dann der Steirische Orientierungslaufverband in der Belgierkaserne in Graz gegründet (Bericht 23.2.1970).
Der erste STOLV-Vorstand:
Präsident Franz Trampusch, Vizepräsidenten: Horst Lecaks und Dr. Heinz Recla (später Fachinspektor für Leibesübungen beim Landesschulrat für Steiermark), Kassier: Albin Bachlinger, Schriftführer. Klaus Chudoba. Dazu noch die Kontrolle mit Peter Günther, Elfriede Chudoba und Sepp Hartinger sowie die Beisitzer Peter Stiendl (Zollwache -Sportverein Steiermark) und Hans Terler.
Der STOLV gab dann auch eine eigene Zeitung heraus. Im März 1970 wurde auch eine Aufnahme des STOLV in die steirische Landessportorganisation beantragt und genehmigt. Die Arbeit erfolgte aber auch überregional mit gut vernetzten Kontakten. So wurde u.a. eine „OL-Stellungnahme“ zum neuen Forstgesetz beim Landwirtschaftsministerium eingebracht.
1970 fanden viele Orientierungsläufe, u.a. in der Nähe von Leibnitz, Mureck, Graz, Kindberg, Zeltweg und Schielleiten statt. Bei den Grenzland-Jugendspielen in Leibnitz gab es Siege für Franz Hartinger und die Geschwister Karin und Isabella Trampusch. Auch bei den alljährlich durchgeführten Zollwache Sportfesten in Mureck war der OL fest im Veranstaltungsprogramm verankert.
Von 27. – 28. Juni 1970 veranstalteten der LAC Leibnitz, mit dem Heeressportverein Graz und dem Wintersportclub Sausal die „1. Internationalen Orientierungslauf-Wettkämpfe von Steiermark“. Die Läufe fanden in der Mantscha (Kartenzeichner: Klaus Chudoba) und im Maxlonerwald (Kartenzeichner: Sepp Hartinger) statt.
Bei den ersten offiziellen Landesmeisterschaften holte sich Sepp Hartinger 1970 den Titel in der Eliteklasse. In den Medien wurde vermehrt über den Orientierungslauf berichtet.
In Semriach richtete der HSV Graz (Albin Bachlinger und Horst Lecaks) 1970 auf einer Karte im Maßstab 1:25.000 die erste österreichische Staffelmeisterschaft aus. Seither wurde diese Wettkampfform auf nationaler Ebene alljährlich durchgeführt.
Im Schulbereich leisteten Klaus Chudoba (Grazer Raum) und Erich Spendlingwimmer (Judenburg), Hias Fleischer (BG Leibnitz) und Sepp Hasitschka (Admont) unterstützt von Dr. Heinz Recla (Landesschulrat) wertvolle Aufbauarbeit.
Franz Trampusch erstellte im Glauningerwald bei Mureck eine fünffarbige OL-Karte im Maßstab 1:20.000 (Karte). Hier wurden auch die Österr. Meisterschaften 1972 ausgetragen. Franz Hartinger sicherte sich den Titel bei den Junioren.
In den Jahren danach gab es einen weiteren Aufschwung im steirischen Orientierungslauf. 1972 veranstaltet die Judenburger „Fraktion“ des HSV Graz (angeführt von Turn-Professor Erich Spendlingwimmer) die österreichischen Meisterschaften im Nacht-OL im Murwald. Am Judenburger Gymnasium wurde eine OL-Neigungsgruppe geführt, aus der Talente wie Günter und Wolfgang Kradischnig, Dietmar Dörfler oder Hansi Königshofer hervorgehen. Die Brüder Kradischnig schafften es sogar ins ÖFOL-Nationalteam. Dietmar Dörfler kehrte nach seiner Ausbildung zum AUA-Piloten ins OL-Geschehen zurück, und startete eine erfolgreiche MTBO-Karriere.
Sepp und Franz Hartinger übernahmen den Leibnitzer AC und setzten die OL-Pionierarbeit von Leibnitz aus weit über unsere Landesgrenzen hinaus fort. Seit 1973 führt der STOLV den Landescup im Orientierungslauf durch.
Bei der ÖFOL-Jahreshauptversammlung 1974 in Gratkorn wurde Franz Trampusch zum ÖFOL-Präsidenten gewählt (Bericht).
Im Jahr 1974 gab es im Vogelschutzgebiet bei Gralla, unweit von Leibnitz eine weitere Premiere: Auf der Karte Gralla-Auen (gezeichnet von Sepp Hartinger) organisierte das Leibnitzer AC-Team die erste nationale Schi-OL-Veranstaltung nach heutigem Muster.
1974 war das „Wörschacher Moos“ im Ennstal Austragungsort der Staffel Staatsmeisterschaft – organisiert vom HSV Aigen. Ein Jahr später organisierten die Naturfreunde aus Kindberg und Veitsch (Gerli Hoch, Hans Terler, Alfred Zisser und Team) am Grünen See bei Tragöß diese Titelkämpfe.
Alle drei Vereine (Aigen, Kindberg und Veitsch) setzten in den Jahren danach auch entscheidende Impulse im Schi-Orientierungslauf.
Der OL-Alpencup in Aigen im Ennstal
Ein weiterer internationaler Höhepunkt war 1975 der Alpencup in Aigen im Ennstal – eine Koproduktion des HSV Aigen mit Wolf Eberle an der Spitze und Funktionären aus dem Leibnitzer AC sowie anderen steirischen OL-Vereinen. Die Läufe selbst fanden im Großraum Bad Mitterndorf – Kainisch und Grubegg statt (Bericht).
Mürztaler Dreitage-OL mit Zentrum Kindberg
Mit Unterstützung des Schweizers Paul Fritschi wagten sich die Naturfreunde aus Kindberg und Veitsch (Gerli Hoch, Hans Terler, Alfred Zisser und Team) 1976 an die Organisation des Mürztaler Dreitage-OLs mit 670 Teilnehmern. Die drei Etappen wurden im steilen Terrain am Herzogberg Ost, am Sommer und am Herzogberg West mit Ziel in Hadersdorf ausgetragen (Karte). Franz Hartinger belegte im gut besetzten Elitefeld als bester Österreicher Platz fünf (Bericht).
Die Wettkampfkarten wurden viele Jahren für diverse Bewerbe auf Landesebene und für den Mürztal-Cup verwendet. Nicht vergessen werden sollten die ersten Hochgebirgs-OLs auf der Hohen Veitsch auf Initiative von Hans Terler.
Im Heeresportbereich steigen im Laufe der Jahre die Vereine: Aigen (Wolf Eberle), Feldbach (Julius Weller, Franz Neuhold, Hans Luttenberger), Graz (Werner Spath), Gratkorn (Ludwig Pirker, Herbert Pendl), Leibnitz, Radkersburg und Zeltweg aktiv ins OL-Geschehen ein.
1976 folgte Sepp Hartinger auf Franz Trampusch als Präsident des STOLV.
Orientierungslauf
(Verfasst von Franz Trampusch mit Teilnehmern des Bahnleger- und Lehrwartekurses, veranstaltet von der BAFL Wien 1968. Übernommen von Michael Wendler aus dem Gästebuch der Bundessportschule Schloss Schielleiten. Unter den steirischen Teilnehmern waren u.a. Sepp und Franz Hartinger, Peter Stiendl, Hans Terler,…)
Wer nie durch Disteln oder Dornen lief
und laut nach einem Posten rief,
wer nie durch Unterholz gekrochen,
wen keine Wespe hat gestochen,
wer nie gesucht am falschen Ort,
der kennt nicht diesen neuen Sport.
Karten lesen, Richtung messen,
Schritte zählen nicht vergessen,
kräftig schnaufen, Kompass drehen,
unter alle Büsche sehen,
Sumpf durchwaten, leise fluchen,
nebenbei noch Beeren (Schwammerln) suchen.
Das – von Alt und Jung betrieben
Mit viel Spaß und viel Vergnügen,
kreuz und quer, hinab hinauf -
nennt sich: Orientierungslauf!